Bio-Wolle, GOTS, OEKOTex, RAF - was steckt dahinter?
Was ist Bio-Wolle? Welche Öko-Siegel gibt es und was beinhalten sie? Was muss ich beachten, wenn ich nachhaltige Wolle kaufen möchte? Hier findet ihr die Antworten rund um das Thema Bio-Wolle!
Bio-Wolle oder Öko-Wolle
Ähnlich wie bei Lebensmitteln ist der Begriff „Bio“ oder „Öko“ im Bereich der Strickgarne nicht geschützt. Als Bio-Wolle werden manchmal auch Garne bezeichnet, die nach dem OEKOTex 100 Standard produziert werden oder schlichtweg Garne aus Naturfasern. Ob wirklich „Bio“ in deinem Strickgarn steckt, weißt du nur, wenn das Garn ein Siegel trägt. Das umfassendste und strengste Siegel ist GOTS (Global Organic Textile Standard).
GOTS (Global Organic Textile Standard)
Der GOTS-Standard ist auch bei Strickgarnen schon gut verbreitet und wohl der umfassendste Standard unter den OEKO-Siegeln. Um dieses Siegel zu erhalten, müssen sämtliche Produktionsstufen, von der Tierhaltung bis zum Verkauf im Ladengeschäft, nachweisen, dass sie unter ökologischen und sozial verantwortungsvollen Bedingungen handeln.
Die Kontrollen beginnen bereits auf den Farmen, wo geprüft wird, ob die Tiere artgerecht gehalten werden, ob die Weidegründe schadstoff-frei sind und ob die Tiere Zugang zu ausreichend frischem Wasser haben. Es wird stichprobenartig der Prozess des Scherens überwacht und in welchem Zustand die Farmen insgesamt sind. Und natürlich ist GOTS zertifizierte Wolle immer mulesingfrei. Als Mulesing bezeichnet man ein Verfahren, bei dem den Schafen die besonders faltige Haut um die Schwanzwurzel – häufig ohne Betäubung – entfernt wird, um den Befall mit Fliegenmaden zu verhindern. Mulesing ist in fast allen Ländern inzwischen illegal, lediglich in Neuseeland und Australien wird es noch auf einigen Farmen angewendet.
Auch sämtliche Herstellungs- und Bearbeitungsstufen werden sorgfältig geprüft: Beim Waschen und Sortieren darf GOTS zertifizierte Wolle nicht mit konventioneller Wolle in Berührung kommen. Eine Spinnmaschine, die zuvor konventionelle Wolle gesponnen hat, muss anschließend komplett gereinigt werden, bevor GOTS Wolle darauf verarbeitet werden darf. Dieses ist bei den heute üblichen riesigen Spinnmaschinen ein sehr umfangreicher und komplizierter Vorgang, der die Spinnmaschine für mehrere Tage lahmlegt. Deshalb bieten meistens nur solche Spinnereien GOTS Garne an, die über mindestens zwei Produktsionslinien verfügen.
Während der Produktion wird auch die Abwassermenge kontrolliert und ob möglichst viel des benötigten Stroms aus nachhaltigen Quellen stammt. Und selbst das Maschinenöl muss bestimmte Anforderungen erfüllen
Wer GOTS zertifizierte Wolle herstellen und vertreiben will, muss auch nachweisen, dass er unter sozial verantwortungsvollen Bedingungen handelt. So wird geprüft, ob Mindestlohn gezahlt wird und ob Arbeitsschutz- und Arbeitssicherheitsstandards eingehalten werden. Das geht bis hin zur sichtbar angebrachten Pflasterbox, der Kontrolle des Ablaufdatums der Feuerlöscher oder auch, wie viele Mitarbeiter eine Erste-Hilfe-Ausbildung haben. Natürlich wird auch geprüft, ob Arbeits- und Pausenzeiten geregelt sind und dass unter menschenwürdigen Bedingungen gearbeitet wird, was natürlich auch Kinderarbeit ausschließt.
Jeder Betrieb, der sich GOTS zertifizieren lassen möchte, muss außerdem eine Anti-Korruptionserklärung unterschreiben.
Der Standard gilt weltweit und jeder zertifizierte Betrieb hat eine Zertifikatsnummer, die auf jedem Produkt angebracht ist. In einer zentralen Datenbank können Verbraucherinnen und Verbraucher prüfen, ob der Hersteller eines GOTS-Garns in der Datenbank verzeichnet ist und ob das Zertifikat noch gültig ist.
kbA, kbt
Auf einigen Labels von Öko-Garnen sieht man die Bezeichnung (kbA) oder auch (kbT) hinter der Materialangabe. kbA steht für „kontrolliert biologischer Anbau“, kbT für „kontrolliert biologische Tierhaltung“. Alle GOTS zertifizierten Garne erfüllen diese Standards.
OEKOTex 100
Das wohl bekannteste und verbreitetste Bio-Siegel für Fasern und Textilien ist wohl der OEKO-TEX 100 Standard. Dieser Standard stellt sicher, dass ein Produkt, welches mit der Haut in Berührung kommen kann, frei von Schadstoffen ist. Das Siegel sagt allerdings nichts über artgerechte Haltung, Umweltverträglichkeit oder Arbeitsbedingungen aus.
RAF, RAS, RMS, RWS
Das sogenannten RAF-Siegel (Responsible Animal Fiber), Ist der Oberbegriff und je nach Faserart gibt es unterschiedliche Bezeichnungen.
Für Alpakawolle gilt RAS (Responsible Alpaca Standard), für Mohair RMS (Responsible Mohair Standard) und auch für Schafwolle gibt es einen Standard, den RWS (Responsible Wool Standard). Diese Standards prüfen dieselben Bereiche wie das GOTS Siegel, mit dem Unterschied, dass die Tierhaltung nicht ganz so streng geprüft wird. Das liegt daran, dass sich gerade Alpakas und Mohairziegen frei auf den Weidegründen bewegen dürfen und in der Regel von Hunderten von sehr kleinen Farmen verwaltet werden. Für die Besitzer dieser kleinen Farmen – in Peru können diese häufig nicht lesen und schreiben – ist es praktisch unmöglich nachzuweisen, dass sie die strengen Auflagen beispielsweise des GOTS-Siegels erfüllen.
Davon, dass diese Auflagen dennoch eingehalten werden, kann man allerdings mit großer Sicherheit ausgehen: Alpakas grasen und gedeihen am besten in sehr großen Höhen, gern über 4.000 Meter. Wer einmal in Peru war weiß, dass in diesen Höhen keine industrielle Landwirtschaft betrieben wird und keine Pestiziden zum Einsatz kommen. Dass die Tiere artgerecht und liebevoll gehalten werden, ergibt sich aus dem Glauben der Inka, nachdem das Alpaka ist ein himmlisches Tier ist, welches die Götter auf die Erde gesandt haben, um den Menschen Wohlstand zu bringen. Sobald man diese himmlischen Tiere schlecht behandelt, nehmen die Götter die Tiere wieder zu sich.
Für die Alpaka-Farmer in Peru ausreichend Grund, ihre Alpakas als ihr wertvollstes Kapital anzusehen und sie mit Respekt und Liebe zu behandeln.
Recycling-Garne
Recycling-Garne sind Garne aus Fasern, die schon einmal in einem Kleidungsstück verarbeitet wurden oder aus Spinnerei-Resten. Wolle aus Fasern, die aus getragenen Textilien stammen, nennt man Post-Consumer-Fibers. Recycling Garne können prinzipiell aus pflanzlichen, tierischen und synthetischen Fasern oder Mischungen daraus. Das Besondere bei Recycling-Garnen ist, dass bei ihrer Herstellung nur ein kleiner Bruchteil der Wassermenge (einige Statistiken sprechen von 20 Prozent) benötigt wird, im Vergleich zu neu hergestellten Fasern. Baumwolle beispielsweise benötigt beim Anbau schon eine sehr große Wassermenge (man spricht von ca. 10.000 Litern pro Kilogramm Baumwollfaser), hat also einen relativ großen „Wasser-Fußabdruck“. So ist es auf jeden Fall nachhaltig, den kostbaren Rohstoff – und das gilt für alle Faserarten – möglichst wieder zu verwerten, anstatt Stoffe und Kleidung zu entsorgen.
Traceable Lots
Einige Strickgarne sind mit einem Siegel „Traceable Lot“ ausgezeichnet. Mit einem Barcode ist es möglich, den Ursprung und Herstellungsprozess genau dieses Wollstrangs zurückzuverfolgen. So sind alle am Herstellungsprozess Beteiligten sichtbar und überprüfbar, so zum Beispiel die Babyalpakawolle Puna von Amano. Zum Thema Traceability findet ihr hier ein sehr schönes Video (in englischer Sprache) von Pacomarca. Pacomarca liefert die Rohwolle für die Amano Babyalpaka Puna.
Vegane Wolle
Als vegane Wolle bezeichnet man Garne, die keine tierischen Fasern enthalten. Das können synthetische oder pflanzliche Fasern sein. Besonders beliebt sind Garne aus Lyocell. Lyocell ist eine Zellulose-Faser und wird aus dem nachhaltigen Rohstoff Holz, welches aus kontrollierten und zertifizierten Quellen gewonnen wird. Der Herstellungsprozess ist in der Faser-Verarbeitung der am wenigsten Umwelt belastende, da in einem geschlossenen Wasserkreislauf produziert wird und kaum Abwasser anfällt.