„Dann schneiden Sie das doch ab!“

Heute war ich an unserer Laterne, in Övelgönne, um zu gucken, ob’s noch schön aussieht. Und? Es sah nicht mehr schön aus. Der Wind kann das nicht gewesen sein, alles baumelte lustlos, nass und zusammengestaucht um den Pfahl herum. Das war keine Feier der Handarbeit, sondern nur noch ein müdes verzweifeltes Lächeln kurz vor der Gleichgültigkeit. Okay, ihr Früchtchen, nicht lang rumgeschmollt. Ich helfe euch wieder auf den Pfahl. Dahin, wo die Sonne euch trifft. Zwei Schweizerinnen packten mit an. Alles war gut und kurz vorm Gelingen. Da kam es zu folgendem Gespräch:
Eine Frau, deren Namen ich nicht weiß (ich nenne sie der Einfachheit halber mal: Mir-gehört die historische-Laterne von Övelgönne), sprach mich an: „Ach, das ist ja gut, dass ich mal jemanden antreffe. Haben sie das hier mit den Anwohnern von Övelgönne oder der Stadt abgesprochen?“

Ich: „Nöhö. Warum?“

Die Frau Mir-gehört-die-historische-Laterne-von-Övelgönne: „Na, das geht doch nicht. Man kann doch nicht einfach irgendwo etwas anhängen! Wenn das jeder täte (!!!), wo kämen wir denn da hin?“

Ich: „Häh? Das ist eine Aktion, mit der wir den Tag der Handarbeit feiern wollten. Das soll die Menschen, die hier vorbeigehen, zum Schmunzeln bringen.“

Die Frau Mir-gehört-die-historische-Laterne-von-Övelgönne: „Zum Schmunzeln bringen? Nee, das ist nicht witzig. Wissen Sie, ich hab so etwas mal im Fernsehen gesehen, das war witzig, aber das hier, das ist nicht witzig. Wieso nehmen sie nicht das Trafohäuschen (zwei Meter weiter), das sieht so oll aus, das hätte den Schmuck vertragen können. Aber doch nicht diese historisch nachempfundene (???) Laterne. Die hat man extra (!!!) für die Övelgönner hier aufgestellt. Wir haben hier so schon so viel zu kämpfen mit den Vandalen, die in unsere Vorgärten einbrechen und dort alles zerstören …“

Ich: “ Das hier ist öffentlicher Raum und den kann jeder mitgestalten. Das ist kein Vandalismus, sondern den Sommer an die Stadt heften!“ (haha)

Die Frau Mir-gehört-die-historische-Laterne-von-Övelgönne: „Bitte, was soll das sein? Nee, das geht doch nicht!“

Ich: „Was wollen Sie jetzt tun? Das abschneiden? Oder die Polizei rufen? Dann schneiden Sie es doch ab, ich tue es nicht.“

Die Frau Mir-gehört-die-historische-Laterne-von-Övelgönne: „Nee, abschneiden nicht. Ich will das ja würdigen. Aber warum gerade an dieser Laterne? Können Sie das nicht umhängen. Die hat man extra (!!!) für die Övelgönner hier aufgestellt.“

Ich: „Ja, sie sagten es bereits. Hat mich da jemand gefragt? Der Bürgermeister von Altona zum Beispiel oder die Stadt, ob sie das tun dürfen? Hier die Laterne extra (!!!) für Övelgönner hinstellen?“

In diesem Moment kam eine Frau vorbei … jung, viel jünger, oder war’s ein Mann? Nein. Jedenfalls haben die Beiden sich lange nicht gesehen und man unterhielt sich darüber, wie’s denn so sei, in Singapur, und schau mal, mit der Dame habe ich gerade darüber gesprochen, dass diese historische Laterne hier …“ Na, ihr könnt auch den Rest denken.

Mir wurde plötzlich klar, warum das GUERILLA Knitting heißt. Das habe ich mich bis heute immer gefragt, und nur im Stillen gedacht. Na ja, die Amis wieder …

Ach, für diejenigen, die nicht wissen, um welche Aktion es sich handelte, um diese hier:

Tschüss! Eure Dörte

 

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17 Kommentare
  1. Ja, dann häkelt doch nächstes Mal extra für die Övelgönner einen kleinen Jägerzaun, das kommt vielleicht besser an und sieht sicher genauso hübsch aus wie die Blumen. – Ach, wär das schön, wenn das jeder machen würde!

  2. Also ich ging ja beim Häkeln davon aus, dass wir das extra (!!!) für die Övelgönner machen. Ich verstehe das Problem gar nicht. (Oder hätte es gerne….)

  3. …es gibt sooooo viel schlimmere sachen, über die sich die gute aufregen könnte.aber solche leute wird es wohl immer geben….
    eigentlich ist an der laterne ja noch wirklich viel platz,also….;-)

  4. Erstklassiges guerilla knitting -Projekt! Wunderbar für den guerilla knitting AWARD 2012. Wir freuen uns auf eine Einreichung!

    Atelier Silke Bosbach 19. Juni 2011 um 11:35 Uhr
  5. Wenn ich groß bin, will ich auch mal Spießer werden….

  6. Vielleicht kann man ja noch kleine Nacchtwächter oder Schlafmützen oder deutsche Michel häkeln und die dranhängen?

    Oder einen lebensgroßen Gehenkten (so sind doch früher auch die Laternen genutzt worden, oder?)?

  7. RE Freddy: ja, dann aber nachts hinschleichen und sie heimlich anbringen, vermummt natürlich. Wie in Arte Tracks ;-)

  8. Einfach klasse geschrieben *noch immer vor sich hingrinst* !
    Und zur Aktion sag ich: Perlen vor die Övelgönner Laternenfans schmeißen :-)

    Ich will soetwas ja schon lange hier in meinem viertel, der schanze, machen. Da stehen die Chancen zumindest besser, daß es nicht so „seltsam“ aufgenommen wird.

  9. vielleicht solltet ihr das nächste mal kleine kariert blumen häckeln, das kommt betimmt besser an! ;)

  10. GUERILLA Knitting ist ja quasi ein Synonym für Vandalismus, das liegt doch auf der Hand! Hihi..ich finds extrem witzig.
    Wünsch euch ein schönes WE!
    Liebe Grüße aus Leipzig

  11. Ich finde ja, die Blumen geben der historisch nachempfundenen Laterne das gewisse Etwas. Aber manche Leute sind wohl zu verbohrt. Wenn’s nicht so armselig wäre, würde ich lachen – wobei, schmunzeln musste ich bei dem Bericht zugegebenermaßen schon, einfach zu schön dargestellt *g*

    tzz, sich drüber aufregen, dass Leute in Vorgärten einbrechen, aber die Blumen an der Laterne komisch finden *koppschüttel*

  12. Wunderbar geschrieben – ich habe laut gelacht. Extra (!!!) für die Övelgönner. Tiiihii!

  13. Ach du je, wie bekloppt…
    Dass ich seltsame Blicke zugeworfen bekomme, das kenn ich ja. Aber sowas?!

  14. Das schreit danach, dass wir noch Blumen nachlegen. Was meinst du?

    • Unglaublich! Ich wäre ja nicht so cool und schlagfertig geblieben. In solchen Situationen bricht bei mir immer der Zorn über Dummheit aus. Aber so lustig zu lesen!

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