Was, ihr habt noch nichts davon gehört? Auf heimischen Küchentischen wird neuerdings nicht mehr nur gespeist, sondern gerollt, geprägt, verschmiert und geformt! Und zwar mit Ton. Wie das alles anfing, was sonst noch dazu gehört und wie groß die Szene mittlerweile ist, das erfahrt ihr hier:
Kreativ reisen
Die einen stricken, die anderen schreiben. Wieder andere basteln gerne, manche davon machen alles und darüber hinaus noch vieles mehr. Die nennt man dann auch vielseitig interessiert oder Multitalente. Was das alles mit Töpfern gemein hat? Nun, alle diese Beschäftigungen sind kreative Reisen. Schöne Dinge selbst anfertigen heißt auch, sich vollkommen auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren, eine Fähigkeit, die nur noch ganz wenige von uns beherrschen. Es ist eine meditative Tätigkeit, so viel steht fest, denn ich habe es selbst ausprobiert!
Wie alles anfing oder: Back to the Roots
Ich weiß nicht, wann Kinder das erste Mal gefragt werden: „Na, weißte schon, was du werden willst?“ Die einen sagen dann Feuerwehrmann oder Kapitän, Tierärztin war auch sehr beliebt … Ich wollte Töpferin werden. Leider waren Lehrstellen in Töpfereien sehr rar gesät, man musste jemanden kennen, der einen kennt und ich kannte keinen. War ja auch gerade erst 17 und meine Eltern mahnten: „Lern erst mal `was Richtiges!“ Also fing ich eine Ausbildung zur Krankenschwester an, studierte dann Mathematik, später noch Philosophie und Germanistik, machte eine Berufsausbildung zur Mediengestalterin, um dann schließlich, mit 54 Jahren, an einer Drehscheibe in einem Pottery Club zu landen.
Ein Beruf wäre das für mich nicht gewesen, so viel weiß ich jetzt, aber es ist ein wunderbares Hobby und ich bin dankbar, dass ich mittlerweile schon einen hohen Trinkbecher drehen kann, Müslischalen, einen sehr großen Teller und was man sonst noch so gebrauchen kann. Das Meiste davon verschenke ich, natürlich nur an Leute, die sich darüber freuen, nicht jeder freut sich über getöpferte Sachen! … aber bislang wurde ich meine Sachen immer ganz gut los.
Weihnachten!
Ich weiß nicht, ob ich das schon mal gesagt habe, aber: Ich liebe Weihnachten. Und meine Tochter auch! Und natürlich beeinflusst das auch meine Tonproduktionen. Keiner in der Gemeinschaftswerkstatt töpfert Kerzenständer oder Engel. Ich schon! Und ein kleiner Adventskalender ist auch schon in der Mache.
Drehen, Aufbau oder Platte?
Es gibt verschiedene Techniken, um Ton zu bearbeiten. Nicht alle eigenen sich für zu Hause, es sein denn, man hat viel Platz und der darf auch mal dreckig werden.
Das Arbeiten an der Töpferscheibe erfordert etwas Übung, aber mit der Zeit wirst du den Dreh raus haben. Vom Zentrieren des Tons bis hin zum Formen symmetrischer Gefäße auf der Scheibe – hier braucht man zunächst etwas Anleitung, von einem, der sich auskennt, und danach macht Übung den Meister.
Der Handaufbau ist eine der ältesten und grundlegendsten Techniken des Töpferns. Dabei formst du Ton ohne die Hilfe einer Töpferscheibe, nur mit deinen Händen und einfachen Werkzeugen. Diese Methode ist ideal für Anfänger, da du ein gutes Gefühl für das Material entwickelst und keine teure Ausrüstung benötigst. Außerdem bietet der Handaufbau unendliche kreative Möglichkeiten, von einfachen Schalen bis hin zu komplexen Skulpturen. Es gibt verschiedene Handaufbautechniken, dazu zählt das Pinching, der sogenannte Daumendruck, die Wulsttechnik oder auch Coiling genannt und die Plattentechnik (Slab Building). Willst du über diese Techniken mehr erfahren, rate ich dir, hier weiterzulesen.
Was brauchst du?
Natürlich kommt es darauf an, ob man an der Scheibe arbeiten oder die Technik des Handaufbaus anwenden möchte. Wer Platz hat und das Drehen auf einer Töpferscheibe erlernen möchte, der bekommt gebrauchte Scheiben schon ab ein paar hundert Euro auf dem Gebrauchtmarkt. Die Neuen fangen bei ungefähr 1.500 Euro an. Eine Alternative: Das Drehen in sogenannten Working Spaces oder Gemeinschaftswerkstätten. Manchmal vermieten auch ansässige TöpferInnen ihre Scheiben, weil sie vielleicht nicht mehr nine to five fünf Tage die Woche in der Werkstatt sind. Aber das muss jeder selbst herausbekommen.
Wer Aufbaukeramik machen will, kann im Grunde sofort loslegen. Du benötigst Ton, ein paar Modellierwerkzeuge (Messer, Holzstab u. ä.), darunter vielleicht auch ein Nudelholz mit Lager zum Ausrollen von Tonplatten, ein Drahtschneider ist wichtig, vielleicht ein paar Prägewerkzeuge, alte Stempel oder Strukturen, die man gut als Abdruck verwenden kann. Manche nehmen frische Farnblätter oder Gitternetze. Für Teller und Schalen gibt es auch Formen. Aber mit Frischhaltefolie und einer Glasschüssel aus eurem Bestand kann man auch schon gute Ergebnisse erzielen. Mut zum Experiment!
Der Arbeitsplatz
Im Wohnzimmer solltest du vielleicht nicht gerade den Ton ausrollen, aber am Küchentisch ist eine Option. Der steht hoffentlich stabil auf seinen viel Beinen und kann abgewischt werden. Der Wasseranschluss, denn Wasser benötigt man, ist auch in der Nähe – die Küche ist also perfekt!
Arbeitsschritte (für den Handaufbau)
Ton vorbereiten
Ton für die Scheibe muss vorher gut durchgeknetet werden. Bei Ton für den Handaufbau ist das nicht unbedingt nötig, schon gar nicht, wenn ihr ein Paket neuen Ton anbrecht. Der ist in der Regel gut aufgearbeitet. Ein bisschen Kneten schadet aber nicht, so bekommt ihr schon mal ein Gefühl für das Material.
Die gute Form
Ob an der Scheibe oder im Handaufbau, Ton will geformt werden. Wer auf dem Schlauch steht: Ideen gibt es wie Sand am Meer auf YouTube, auf Insta oder auf TikTok. Schaut einfach mal.
Trocknen
Wenn euer Projekt steht, dann geht das gute Stück erst einmal in die Trocknung, damit der Endschliff erfolgen kann. Beim Drehen nennt man das Abdrehen. Hier bekommt eine Vase z. B. ihre glatte Wand und einen schönen Fuß.
Schrühbrand
Wenn euer Projekt gut durchgetrocknet ist, kommt es in den Ofen zum Schrühbrand. In vielen Orten werden Brennservices angeboten, da kann man seine Sachen hinbringen und mitbrennen lassen. Wenn es bei euch in der Nähe einen Keramik Kraft gibt, könnt ihr auch da mal anklopfen. Manche bieten das an.
Nach dem Brand ist vor dem Brand: das Glasieren
Wenn das Objekt geschrüht ist, kann es glasiert werden. Glasur ist ein komplexes Thema, aber für Hobbytöpfer gibt es schon tolle, sehr einfach anzuwendende Glasuren von vielen verschiedenen Herstellern. Botz und Amaco brent sind nur zwei der vielen Marken, die der Glasurmarkt bereithält.
Glasurbrand
Es gibt Niedrigbrandglasuren und Hochbrandglasuren. Bei Letzterem fährt der Brennofen auf mind. 1230 °C hoch. Das Ergebnis ist immer eine kleine Überraschung, man weiß nie, wie die Glasur „kommt“. Wir freuen uns jedes Mal darauf, den Ofen nach dem Glasurbrand auszupacken. Es bisschen wie Weihnachten.
Fehler passieren
Ihr könnt euch sicherlich vorstellen, dass nach diesen vielen Schritten vom Kneten des Tons bis hin zur Glasur so einiges schief gehen kann. Gerade am Anfang kann es frustrierend sein, wenn etwas nicht so klappt, wie du es dir vorgestellt hast. Aber keine Sorge – Fehler gehören dazu und sind Teil des Learnings. Ob dein Gefäß kollabiert oder die Glasur nicht wie erwartet ausfällt – lass dich nicht entmutigen! Mit jedem Versuch wirst du besser. Für mich ist das Ärgerlichste eine Glasur, die beim Glasurbrand zu sehr „ins Laufen kommt“. Und zwar so sehr, dass man das Objekt selbst entsorgen kann und die Platte im Ofen, auf der das Objekt stand, auch.
Nachhaltigkeit beim Töpfern
Gerade beim Abdrehen, fallen viele Tonreste an. Auch wenn Ton, ein reines Naturmaterial, nicht sehr teuer ist, sollten diesen Tonreste recycelt werden. Ich arbeite sehr gerne mit recyceltem Ton. Auch bei Glasuren gibt es umweltfreundliche Optionen, die weniger schädliche Chemikalien enthalten. Das ist gesunder für uns und die Umwelt.
Inspiration und Austausch
Du bist nicht allein auf deiner Töpferreise! In unserer DIY-Community können sich gerne Gleichgesinnte treffen und ihre Tipps und Erfahrungen teilen. Zeig ruhig, was du gemacht hast! So kommen wir ins Gespräch.
Vom Hobby zur Berufung
Vielleicht entdeckst du, dass Töpfern mehr als nur ein Hobby für dich ist. Wenn du tiefer in die Materie einsteigen möchtest, gibt es viele Möglichkeiten zur Weiterbildung, von professionellen Kursen bis hin zu spezialisierten Workshops. Und wer weiß – vielleicht verkaufst du eines Tages deine eigenen Werke auf Märkten oder online.
In diesem Sinne: Viel Spaß beim Töpfern! Eure Dörte